Die Kraft der Kriegsenkel: Wie Kriegsenkel heute ihr biografisches Erbe erkennen und nutzen

Krumme Wege sind ok! … Warum wir keine schwierigen Persönlichkeiten sind, nur weil unser Leben im Zick-Zack verlief … Diese Erkenntnis in all seinen Facetten erhält der Leser des Buches ‚Die Kraft der Kriegsenkel. Wie Kriegsenkel heute ihr biografisches Erbe erkennen und nutzen“. Eine klare Empfehlung meinerseits für das Buch von Ingrid Meyer-Legrand!

Fragen über Fragen …

„ … Wie ist das eigentlich, wenn man mit jemand aufwächst bzw. von jemandem erzogen wird, dessen eigene Kindheit von Verfolgung, Krieg, Verlust, Entbehrung und Furcht geprägt ist? Wie ist das, wenn man selbst in einer Welt voller Fülle, Wachstum und Wohlstand lebt? …“

Für wen das Buch gut zu lesen ist …

Die Autorin Ingrid Meyer-Legrand stellt in ihrem Buch spannende und kluge Fragen. Fragen, die nicht nur wichtig für die Kriegsenkel selbst sind. Sondern auch – oder vor allem – für Therapeuten und Coaches. Vor allem für die, die ganz frisch in die Thematik einsteigen, aber auch für die, die schon viel dazu gelesen haben und lange mit Kriegsenkel-Erkenntnissen arbeiten. Wer ohne entsprechend psychologischen Hintergrund das Buch liest, der muss schon einiges an Reflexionsvermögen und Knowhow mitbringen. So viel sei gesagt.

Eine leise Mahnung: Nicht alle Antworten finden wir in der Vergangenheit ….

Insgesamt gefällt mir die „leise Mahnung“ der Autorin, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht: „Vorsicht!  Kriegsenkelforschung und -lektüre verleitet dazu, alle Erklärungen für den Ist-Zustand in der Vergangenheit zu suchen.“ Konsequent richtet Meyer-Legrand den Blick immer wieder auf das, was Kriegsenkel auch an Kompetenzen erlernt haben. Angesichts der ganzen „Die-vergessene-Generation-und-Kriegsenkel“-Dramatik, die sich nach und nach in den letzten Jahren offenbart hat, keine leichte Aufgabe für eine Therapeutin und Autorin. Ich finde, es ist ihr gelungen.

 

 

Zwei Teile …

Das Buch ist quasi zweigeteilt: im ersten Teil macht die Autorin nochmals das Themengebiet insgesamt auf. Manch‘ einer denkt sich vielleicht „Kenn‘ ich schon!“. Der Unterschied, der den Unterschied macht, ist: Meyer-Legrand fokussiert sich schon in diesem allgemeinen Darstellungsteil auf die Kraft, die in den Kriegsenkeln liegt. Und so erscheinen Fakten anderer Kriegsenkel-Lektüren (Wie z.B. die Bücher von Sabine Bode) in einem anderen Licht.

My Life Storyboard – eine angeleitete biografische Selbstreflexion

Im zweiten Teil erarbeitet die Autorin anhand konkreter Fallbeispiele, wie individuell diese Kraft aussehen kann. Einem kurzen Abriss der Methode des Genogramms folgt die Vorstellung ihrer eigenen Methode: My Life Storyboard – eine angeleitete biografische Selbstreflexion. Profis mögen vielleicht sagen: „Nichts Neues! Biografie-Arbeit mit Reframing-Elementen“. Diesen Skeptikern rufe ich zu: „Man muss das Rad ja nicht neu erfinden. Modifikation und Fokussierung sind angesagt!“. Mir hat die Methode deswegen so gut gefallen, weil sie das Spotlight auf spezifische Lebensphasen wie Kindheit, Jugendalter, Beruf legt und diese dann unter der Kriegsenkel-KRAFT betrachtet. Der Leser kommt auf jeden Fall zur Erkenntnis: Wir können Rahmenbedingungen allein durch eine Rückschau verändern.  Oder wie die Autorin schreibt: „Ein krummer Weg ist noch lange keine komplizierte Persönlichkeit!“ (S. 167)

Mein Fazit

Klare Empfehlung für „Neulinge, Fortgeschrittene und Profis“ sowie für Kriegsenkel mit entsprechenden Kenntnissen der Psychologie.