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Charakter: Blogbeitrag zur Sendung Sag mal Tanja!? am 20.08.2020 auf antenne 1 Neckarburg Rock & Pop
Nutzen: Tipps im Umgang mit Quasselstrippen & More
Mitschnitt der Redebeiträge der Sendung „Sag‘ mal Tanja!?“
Blogbeitrag als Podcast
Quasselstrippen, Wortverdreher und Besserwisser
Einsatz für Florian Lüneburg
Damals … Damals war ich ziemlich schockiert. Mehr sogar noch… ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ein Gefühl, als ob mir jemand seine offene Hand Mitten ins Gesicht geschlagen hätte. …. Boiiiing…
Damals … Damals als mich ein Kamerad nachäffte. Laut. Schrill. Schnell.
Damals …
… damit meine ich meine Zeit Mitte der 90er Jahre als aktive Feuerwehrfrau bei der Feuerwehr Lüneburg. Mein Kamerad? Das war Achmed. Keine Ahnung, warum ihn alle so nannten. Eigentlich hatte er einen andern Vornamen. Aber alle nannten ihn nur Achmed. Da er schon seit Jahrzehnten Feuerwehrmann war, unzählige Einsätze erlebt hatte und zudem Mitarbeiter der Einsatzleitstelle war, war seine Autorität unbestritten.
Achmed und ich …
Während einer Alarmierung standen wir beide an unseren Spinten und zogen in Windeseile unsere Feuerwehrkleidung an. Ich war kurz vor ihm in die Feuerwehrhalle gerannt und hatte noch den Grund der Alarmierung mitbekommen. Wie üblich, versuchte ich, diesen für ihn und die anderen Kameraden zusammenzufassen. Seine Reaktion: er äffte meine Worte nach. Hoch. Schnell. Laut. Schrill. … Wie gesagt: Ich war ganz schön vor den Kopf gestoßen. Ich fühlte mich abgewertet… und irgendwie verunsichert. Zeitgleich aber auch mächtig wütend auf seine Ignoranz.
Diese Situation mit Achmed – vor dem Spint – diese Situation erscheint ab und zu vor meinem inneren Auge. Eigentlich habe ich ja eine angenehme Stimme. Aber wenn ich unter Stress stehe, dann muss ich gut auf sie achten, damit sie nicht entgleist. Und damals beim Feuerwehreinsatz stand ich unter Stress. Mächtig sogar. Es ging um Leben und Tod. Nein, es war kein Zug entgleist. Es war ein ganz banaler Müllcontainer, der irgendwo in der Rote-Rosen-Stadt vor sich hin brannte.
Quasselstrippen stehen unter Streß
Wie gesagt. Ab und zu taucht diese Situation vor meinem inneren Auge auf. Und zwar immer dann, wenn ich jemandem begegne, der ohne Punkt und Komma redet. Schnell, schrill und laut. Und dann denke ich an mich und an Achmed und ich weiß: diese Person meint es eigentlich nur gut. Sie steht aus irgendwelchen Gründen (die sie weiß oder aber nicht weiß) unter Stress und redet deshalb so viel und so schnell.
Wenn wir – also die Zuhörer – nicht adäquat mit einer solchen Person umgehen, dann ist sie eventuell verunsichert. Redet vielleicht noch mehr – noch schneller, noch lauter. Oder sie ist vielleicht wütend…. Oder enttäuscht. Es kann übrigens auch sein, dass wir solche Quasselstrippen kennen und uns eigentlich als Spaßmacher und Situationsentschärfer, lustig und unverwüstlich vorkommt…. Meine Meinung? Wenn wir hinter die Kulissen dieser Verhaltenszüge schauen würden, was würde sich zeigen? Wäre diese Person dann immer noch so lebensfroh? So quasselbedürftig? Oder wäre so ruhig und traurig und würde Wünsche äußern wie zum Beispiel „Wie schön wäre es, wenn mich auch mal jemand beachten würde?“
Wie auch immer. Das eine ist die Psychologie hinter den Quasselstrippen, das andere sind konkrete Tipps für den Umgang mit ihnen. Solche möchte ich Euch nachfolgend geben…. Und auch Tipps für den Umgang mit anderen „auffälligen“ Kommunikationstypen.
Tipps im Umgang mit Quasselstrippen
- Unterbrecht die Quasselstrippe mit seinem Namen „Herr Schätzle, … Herr Schätzle….“ Spätestens beim zweiten oder dritten Mal wird er Euch zuhören.
- Wenn Euch die Quasselstrippe dann endlich zuhört, dann könnt Ihr Sätze wie z.B. „Ich habe noch 3 Minuten Zeit und habe noch folgende Frage …. / und würde gerne noch Folgendes von Ihnen wissen…. / was mir noch wichtig wäre“ … Wichtig ist die Zeitminimierung zu Beginn Eures Satzes wie zum Beispiel den Hinweis mit den 3 Minuten.
- Vermeidet offene Fragen. Diese beginnen meist mit Wörtern wie Warum, wieso, weshalb…. Nutzt geschlossene Fragen, auf die man in der Regel mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann.
- Bleibt freundlich. Auch wenn es schwer fällt.
- Und wenn Ihr mal mit der Quasselstrippe eine ruhige Minute habt, dann gebt dieser ein Feedback anhand der sogenannten 3-W-Feedback-Formel (Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch)
- Ich nehme wahr, dass du in den Erzählungen häufig von Hölzchen auf Stöckchen kommst.
- Das wirkt auf mich, als ob du sehr viel zu erzählen weißt und das auch gerne würdest.
- Ich wünsche mir von dir, dass du für dich ein Gespür dafür entwickelst, wie wertvoll deine Redebeiträge an sich sind, dass jedoch weniger mehr für die anderen ist und sie deine Beiträge zu schätzen lernen, wenn du dich kürzer fasst. … (so, oder so ähnlich).
Tipps im Umgang mit Besserwisser
Bei Besserwisser geht es in der Regel nicht darum, dass er oder sie es eventuell tatsächlich besser weiß. Es geht um die Eigendarstellung à la „Ich kann was!“ . In der Tat verfügen Besserwisser über einen großen Wissensschatz. Zumindest diejenigen, denen ich in meiner Laufbahn als Psychologin begegnet bin. Das nervige an der Besserwisserei beginnt in dem Moment, wenn der Besserwisser seinen geglaubten Wissensvorsprung falsch einsetzt. Besserwisserische Beiträge führen nämlich häufig dazu, dass wir uns abgewertet fühlen. Oder sogar angegriffen. „Was denkt die Dumpfbacke sich eigentlich? Dass ich dumm bin?????“ Die negative Spannung, die dann im Raum liegt, führt oft zu Gegenangriffen. Und dann schaukelt sich die ganze Situation auf. Oder einer verlässt den Raum. Ob physisch oder psychisch, das spielt keine Rolle. So was ist ungut.
- Nehmt Besserwisserei niemals persönlich. Es geht den Besserwissern nämlich gar nicht um dich und dein Wissen. Es geht ihm um sich. Die Besserwisserei zahlt auf sein Selbstwertkonto ein. Wenn du es in diese Haltung schaffst, erst dann bist du souverän und kannst die notwendige Distanz wahren. Und besonnen auf einer anderen Ebene reagieren. Übrigens: denk mal an deinen Bekanntenkreis. Wen zählst du zu solchen Besserwissern? Und wie wirst du beim nächsten Treffen mit diesem Besserwisser umgehen? …
- Super wirkungsvoll im Umgang mit Besserwisser ist es, wenn du ihnen keine Angriffsfläche bietest, um sich aufzuspielen. Heißt: ignoriere seine Einwände. Fällt am Anfang schwer. Fühlt sich dann aber gut und richtig an. Wenn dir das Ignorieren schwer fällt, dann versuche es mal mit der „Aha-Technik“. Kommentiere einen Besserwisser-Kommentar mit einem zugewandten AHA! … und dann gehe zur „Tagesordnung“ über.
- Steige niemals auf einen Besserwisser-Wettkampf ein. Auch wenn du es selbst aufgrund deiner Expertenrolle tatsächlich besser weißt. Besserwisser-Kämpfe hinterlässt nur Verlierer. Sei klar und bestimmt und betone, dass du da eine andere Meinung dazu hast und deine Expertenrolle diese Meinung untermauert. Und Punkt.
- Auch bei Besserwissern kannst du die 3-W-Feedback-Formel anwenden. Wenn Ihr mal mit einem Besserwisser eine ruhige Minute haben solltet, dann gebt ihm ein Feedback anhand der Formel (Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch)
- Ich nehme wahr, dass du in vielen Gesprächssituationen dein Wissen auch dann einbringst, wenn schon alles gesagt ist. Manchmal nehme ich auch wahr, dass du das Wissen anderer nicht akzeptierst.
- Das wirkt auf mich, als ob du sehr viel weißt und du manchmal aber anderen ein solches Wissen nicht zutraust. Egal wie gebildet und erfahren sie sind.
- Ich würde mir von dir wünschen, dass du öfter mal für dich innerlich einen Punkt machst. Und das, obwohl du am liebsten noch einen „draufsetzen“ würdest. Das würde in meinen Augen zu einem tollen Miteinander beitragen und eine großartige Unterstützung sein. Und dein Ansehen bei den anderen stärken.
Tipps mit Umgang mit Wortverdreher
Gleich vorneweg: Diskutieren mit Wortverdrehern ist wie diskutieren mit Fundamentalisten, Fanatikern und Extremisten. …. Kannste vergessen! Deine klugen Argumente werden in null-komma-nichts ins Gegenteil verkehrt. Bedeutet: du kannst solche Menschen nicht überzeugen. „Bekehren“. Wortverdreher haben oft die Einstellung „Ich besitze die Wahrheit. Nur ich alleine“.
Wortverdreher sind in der Tat Wortkünstler. Sie nutzen dubiose Vergleiche, zaubern Scheinargumente aus den Ärmeln und nutzen sonstige rhetorische Tricks aus der untersten Schublade. Sie haben eine Vorliebe dafür, deine logischen Fragen und Kommentare mit einer Gegenfrage zu beantworten und dadurch in ihre Richtung zu lenken.
Mit solchen Menschen zu diskutieren ist ungefähr so erfolgsversprechend, wie ein Tauziehen mit einem Gegner, der sein Tauende still und heimlich an einen Baum gebunden hat. Eine schweinische Schlammschlacht ist quasi vorprogrammiert. Das erinnert mich gerade an ein schottisches Sprichwort: Don’t wrestle with a pig! Du kannst nur verlieren.
Gib‘ bei einem Wortverdreher einfach gut auf dich acht und steig‘ frühzeitig aus einem Gespräch mit ihm aus. Bei ihm hilft auch keine 3-W-Formel mehr.
PS – Postskriptum
Und was für Kommunikationstypen gehend dir auf den Zeiger?
Lässt du es weiter so laufen oder unternimmst du (ab sofort) etwas dagegen?
Du weißt ja: das Internet ist voll mit Tipps im Umgang mit den exotischsten Kommunikations-Typen. Falls deiner hier nicht dabei war, findest du die entsprechenden Tipps bestimmt anderswo…. Und dann musst du nur noch „tun“!
Denk‘ mal drüber nach…
Meine Radio-Sendung Sag‘ mal Tanja!? Der antenne 1 Neckarburg Rock & Pop-Talk zu diesem Blogbeitrag läuft am 20. August 2020 von 18.00 bis 19.00 Uhr auf antenne 1 Neckarburg Rock & Pop – Einschalten lohnt sich! Auch im Webradio!
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