Bist du ein ehrlicher Mensch?
Oder gibt es Situationen, in denen du lügst?

Lesezeit:      11 Minuten
Inhalt:           Das Leben ist zu kurz für „Es-geht-so-Ehen bzw. Jobs“.
Hashtags:    #lebenslügen #selbstlügen   #mut   #wirklichkeit   #ehrlichkeit
Charakter:   Blogbeitrag zur Sendung Sag mal Tanja!? am 14. Januar 2021 auf antenne 1 Neckarburg Rock & Pop, den Mitschnitt der Redebeiträge dieser Sendung findest du HIER.

Diesen Blogbeitrag gibt es übrigens auch als Podcast

 

„Wir sind Meister darin, uns selbst zu belügen!“. So lautete die Überschrift eines Interviews mit mir im Wochenendteil der Schwäbischen Zeitung. Selbstverständlich wusste ich, dass dieser Artikel über mich und meine Ansichten zu menschlichen Veränderungsprozessen kommen wird. Als ich dann aber den Titel zum ersten Mal in der Zeitung stehen sah, da war ich doch ziemlich überrascht. Überrascht darüber, wie gut die Journalistin Carolin Steppat eine der Kernaussagen meines Beratungsansatzes mit so wenigen Worten allumfassend zusammengefasst hatte: Wir sind Meister darin, uns selbst zu belügen.

Flunkern – Schwindeln – Vortäuschen

In meinem Buch und meinem Selbstcoaching-Programm betrachte ich das Thema Lüge ausgiebig. Und mit Lüge meine ich übrigens nicht die gesellschaftlich anerkannten kleineren Flunkereien. Wenn ‚man‘ zum Beispiel keinen Bock zum Weggehen hat. Lieber die Beine auf dem Sofa ausstreckt und bei irgendeiner mehr oder weniger dämlichen Netflix-Serie in den Tiefschlaf fällt. Und zuvor den Freunden per WhatsApp mitgeteilt hat, dass es noch soooooo viel zu tun gibt und du es leider – leider nicht zum Freundinnen-Date schaffen wirst. Selbstverständlich untermalt mit dramatischen Smilys.. 😉

Mit Lüge meine ich die mehr oder weniger offensichtlichen Selbstlügen.

  • Mal sind sie klein. Wie zum Beispiel, dass du unbedingt auch mal nach Schottland reisen möchtest. Oder in ein anderes Land. Aber: willst du das wirklich unbedingt? Oder ist es dir doch nicht so wichtig?
  • Mal sind sie groß. Wie zum Beispiel, dass dir dein Job ja prinzipiell Spaß macht…. wenn nur „hm hm hm“ nicht wäre….. Ja, was? Was wäre dann?
  • Und mal sind sie auch einfach nur riesig. Unermesslich. Unsere Lebenslügen. Dass wir ein rundum zufriedenstellendes  Leben zu führen … Aber ist zufriedenstellend das Gleiche, wie glücklich und befreit?

Wir nutzen die Selbstlüge, um unliebsame Wahrheiten zu verdrängen

Warum belügen wir uns selbst? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Weil Lügen lebensnotwendig sind. Sie erhöhen unser Selbstwertgefühl und erleichtern uns den Umgang mit uns selbst, unserer Vergangenheit und unserem aktuellen Leben. Und freilich auch dem, was zukünftig noch kommen wird. Wir nutzen die Selbstlüge, um unliebsame Wahrheiten zu verdrängen. Selfserving Bias nennen wir Psychologen das. Die sogenannte „Selbstwertdienliche Verzerrung“. Diese macht uns das Leben erträglicher. Denn Fakt ist auch: mit unseren Selbsttäuschungen kommen wir mehr oder weniger ziemlich gut durch’s Leben. Wenn ich diese Tatsache mit meinen Kunden bespreche (also, dass wir mehr oder weniger ziemlich gut durch’s Leben kommen), stelle ich im Anschluß immer die Frage: „… und was würdest du bereuen nicht getan zu haben, wenn du wüsstest, dass Morgen dein letzter Tag wäre?“.

Quelle: Coache dich selbst! Veränderungs-IMPULS aus dem Selbstcoaching-Programm von Tanja Köhler

 

Die Tanja und eine ihrer großen Selbstlügen …

Innerlich habe ich es schon lange gewusst. Gewusst, dass ich von meinem Mann Abschied nehmen muss, damit wir beide wieder ein gutes Leben führen können. Was nicht heißt, dass die letzten Jahre unseres insgesamt 23jährigen Zusammenseins schlecht gewesen wären. Wie gesagt: wir Menschen kommen mit unseren Selbsttäuschungen einigermaßen gut durch’s Leben. Und das galt auch für meinen Mann und mich. Erst als ich mich beim Erstellen meines Selbstcoaching-Programms nochmals mit dem Thema „Selbstlüge“ und passenden wirkungsvollen Übungen beschäftigt habe, wurde mir klar: „Auch du Tanja unterliegst einer Selbstlüge. Psychologin hin oder her!“

Und so begann der Anfang vom Ende unserer Ehe mit einer Mail von mir mit den Worten „Wir haben ein Problem ...“ Und wenn ich nun ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann war nicht diese Mail der Anfang ….. dieser Anfang vom Ende lag viel weiter zurück… viel viel weiter… weit über 10 Jahre. Aber ich habe es mir nicht eingestanden. Wie gut wir uns doch arrangieren können….

Inzwischen sind  seit unserer Trennung über 2 Jahre vergangen. Ich bin glücklich und befreit. Und nein, das wiederum ist keine Selbstlüge. Inzwischen können mein Mann und ich gut miteinander umgehen. Und nein, ich frage mich auch nicht, warum ich nicht schon früher diese Mail an ihn geschrieben habe. Alles braucht eben seine Zeit und hat auch seine Zeit... auch der erste Schritt aus der Selbstlüge. Wobei meines Erachtens früher besser ist als später… Denn: das Leben ist zu kurz für nur „Geht-so-Ehen“. Und freilich auch für „Geht-so Jobs“. 🙂

PS – Postskriptum

Und du? Wie sieht’s bei dir aus?

Wenn du in den Spiegel schaust und dir lange und vor allem bewusst in die Augen schaust – welcher Selbstlüge unterliegst du?

Und was passiert mit dir, wenn du diese mal VOR dir – ZU dir – bewusst laut aussprichst? Also zugibst: „Meine Selbstlüge lautet….“

Und wenn diese Selbstlüge ‚eigentlich‘ unerträglich für dich ist und du keine Angst mehr hättest, was wären dann deine nächsten Schritte?

Denk‘ mal drüber nach…

 

PPS: Die Voraussetzungen für den ersten Schritt zu einem authentischen Leben sind…

In der Zeitschrift PSYCHOLOGIE HEUTE mit dem Leitthema „Werden, wer ich bin. Zu sich selbst stehen, eigene Bedürfnisse ernst nehmen. Position beziehen: Wie wir authentisch leben“.  wird es wie folgt auf den Punkt gebracht:

Die Fähigkeit des Staunens. Öffne deinen Blick! Schau‘ dich um. Wenn du wieder damit anfängst, über die Welt mit all ihren bunten Blumensträußen zu staunen, bereichert das dein Leben. Und du beginnst zu hinterfragen, warum die Dinge so sind, wie sie sind.

Die Kraft, sich zu konzentrieren.  Veränderung braucht Beachtung. Schärfe deinen Blick auf den gegenwärtigen Moment. Für das, wie es dir geht und was du fühlst.

Die Fähigkeit zur Selbsterfahrung. Probiere dich aus und erlebe dich als Urheber, als „Schöpfer“ deiner Taten. Und erfahre und erlebe dadurch, was du alles kannst…

Konflikte und Spannungen akzeptieren. Halte aus. Gehe offen in den Konflikt. Die Alternative wäre, eine reibungslose Maschine zu werden, die mal hier und mal dort (auf)-muckt….

Die Bereitschaft, täglich neu geboren zu werden. Und dafür brauchst du den Mut, nicht so zu sein, wie andere dich gerne hätten. Und genau dieser Satz steht auch so in meinem Buch!

 

Die Fotos sind übrigens in Schottland entstanden. Meine Freundin Katrin Zeidler ist die Künstlerin. Und wenn du dich nicht schön findest, dann lese mal diesen Blogbeitrag von mir: „Ein hässliches Entlein namens Tanja“ 🙂